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Rose Tremain – Und damit fing es an

Die Engländerin Rose Tremain hat bereits seit Jahren einen Dauerplatz in unserem Belletristik-Regal gebucht mit unserem Lesetipp „Der weite Weg nach Hause“  (Insel-Verlag € 9,99).
Mit ihrem neuen Roman „Und damit fing es an“ nimmt uns die Autorin jetzt mit in die Schweiz der Fünfziger Jahre und erzählt die Freundschaftsgeschichte zweier Jungen, Gustav und Anton. Trotz ihrer sehr unterschiedlichen Familiensituationen freunden sie sich als Schuljungen unmittelbar bei ihrer ersten Begegnung an und werden diese innige Beziehung ihr ganzes Leben lang aufrecht erhalten.

Der eine, Gustav Perle, wächst ohne Vater auf mit einer Mutter, die das harte arbeitsreiche Leben nur mit eiserner Disziplin, mühsam nach Selbstbeherrschung strebend, meistert und sich in ihren kleinen Fluchten Erholung verschafft.

Nach der Putzaktion in der Kirche setzten Gustav und Emilie sich immer an das Klappregal in der winzigen Küche, tranken heiße Schokolade und aßen Schwarzbrot mit Butter. Vor ihnen lag ein langer Wintertag, kalt und leer. Manchmal ging Emilie dann wieder ins Bett und las ihre Illustrierten. Sie entschuldigte sich nicht dafür. Sie sagte, Kinder müssten lernen, allein zu spielen. Sie sagte, wenn sie das nicht lernen, würden sie niemals Fantasie entwickeln.

Im Frühling 1948 erhält der zurückhaltende Gustav mit Anton Zwiebel einen Freund, der ihn mit einem für ihn völlig neuen kulturell erfüllten Leben in Berührung bringt. Das jüdische Ehepaar Zwiebel heißt Gustav als Freund ihres Sohnes ohne Einschränkung willkommen und eröffnet ihm Zugang zu klassischer Musik und Freizeitvergnügen wie dem von ihnen allen so geliebten Schlittschuhlaufen.

Als Anton beim Vorspielen an der Musikhochschule versagt, soll eine Reise nach Davos für  seine Eltern und die beiden Jungen Ablenkung bringen. Gustav verschafft sie darüber hinaus den Einblick in eine völlig ungekannte, genussvolle Lebensweise, die sich stark von seinem eigenen Alltag unterscheiden.

Das Chalet war alt, hatte ein steiles, mit Steinen beschwertes Dach und Wände aus geteertem Kiefernholz. Die Fenster waren klein mit gelben Luken. Auf der hölzernen Veranda stand eine bemooste Tränke, die mit scharlachroten Geranien bepflanzt war. Als die Zwiebels und Gustav bei ihrer Ankunft die in der Sonne leuchtenden scharlachroten Blumen erblickten und das sanfte Seufzen der Kiefern im Wind hörten, blieben alle ganz still stehen.
„Zauberei“ sagte Adriana Zwiebel.

Die Verbindung von Gustav und Anton wird bis ins Alter eng bleiben, auch wenn sich die Lebenswege der Freunde einige Mal voneinander entfernen.
Rose Tremain ermöglicht ihren Lesern durch sparsame aber intensive Beschreibungen von Menschen und deren Seelenleben eine außerordentliche Begegnung mit ihren Figuren.
Unaufgeregt, in einer klaren ungedrechselten Sprache berührt sie durch atmosphärische Stimmungsbilder und erzählt so eine berührende Geschichte über den Wert von Freundschaft und über die Bürde der Herkunft, die jedem Menschen auferlegt ist.


Rose Tremain „Und damit fing es an“
Insel Verlag 2016, € 22,00 / aus dem Englischen von Christel Dormagen