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Delphine de Vigan – Die Kinder sind Könige

Es geht um eine Kindheit im Scheinwerferlicht:

Mélanie Diore war als junges Mädchen ein großer Fan von Formaten wie ‘Big Brother’. Sie hatte stets davon geträumt, gesehen und berühmt zu werden. Jahre später, als Mutter zweier Kinder, ist es ihr gelungen: Sie ist eine erfolgreiche Youtuberin mit Tausenden von Followern. Objekt ihrer Videos und Posts sind ihre Kinder Sam und Kim, die auf Schritt und Tritt gefilmt werden. Seit Kurzem kommt ihre kleine Tochter dem Filmen jedoch immer unwilliger nach. Mélanie tut das als eine Laune ab. Denn wie könnte man die unendliche Liebe, die ihnen aus dem Netz entgegenkommt, als Last empfinden? Kurz darauf verschwindet Kimmy nach einem Versteckspiel spurlos.

Die ermittelnde Polizeibeamtin Clara Roussel, deren Haltung zu den sozialen Netzwerken und deren Nutzern ambivalent ist, hat ein Problem: wie und wo soll sie nach der verschwundenen 6jährigen Kimmy suchen? Schnell begreift Clara, dass ihre üblichen Ermittlungsmethoden in der virtuellen Welt vollkommen nutzlos sind.

Man ist fasziniert und gleichzeitig abgeschreckt von diesem unerhört spannenden und vielschichtigen Roman, in dem sich die französische Autorin einem brisanten Thema widmet, das in Frankreich zu einer Diskussion führte über die Verfügbarkeit von Kindern und deren Ausbeutung im Netz durch die eignen Eltern.

Wo bleibt der Schutz des Kindes in einer Welt der hoch dotierten Werbeeinnahmen, wenn die Situation so katastrophal falsch eingeschätzt wird? Auch Mélanie ist in dem Glauben, sie handele im Sinne ihrer Kinder. Tatsächlich bestimmt die Gier nach Ruhm und Geld ihr Tun. Die Kinder sind keinesfalls Könige, sie sind die Opfer, die – auch das wird im Roman kurz behandelt – oft Jahre später ihre Eltern gerichtlich verklagen.

Ein so aktuell wie brisanter und dabei höchst lesbarer Einblick in die dunklen Kanäle der schönen neuen Medien-Welt.

Dumont-Verlag 2022 / € 23,00
Aus dem Französischen von Doris Heinemann