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Nicola Kabel – Kleine Freiheit

Saskia ist 40, von Beruf Richterin, und momentan in Elternzeit mit zwei Söhnen im Haus am Stadtrand während der Gatte Christian – ebenfalls Jurist – Karriere in Brüssel anstrebt. So weit, so bekannt und vielfach erzählt. Dass diese Geschichte ungewöhnlich in ihrer Normalität ist, verdankt sie dem feinen Blick, den die Autorin auch in die Ecken der in alle Himmelsrichtungen verstreuten und selten sich findenden Verwandtschaft lenkt.

Hier wird alles behutsam ausgeleuchtet: die Abhängigkeiten zwischen Eltern und Kindern, die Erinnerungen an gute und traurige Kindheitserlebnisse und die Erwartungen an das eigene Erwachsenenleben. Sollte im persönlichen Werdegang nicht alles anders und viel überlegter werden als im chaotischen Lebenswandel der 68er Kommunen-Eltern?

„… in den ersten Jahren hatten sie sogar davon gesprochen, woanders zu leben, meist auf ihren Reisen. „Nach deinem Referendariat, Sas, oder etwas später oder am besten, wenn unsere Kinder noch klein sind. Vielleicht in die USA…“ Als Johann zwei Jahre alt war und Saskia wieder schwanger, bekam er ein Angebot: Washington, Weltbank, drei Jahre. Er wollte sie fragen „wollen wir das nicht machen, Sas, wenn der Kleine da ist“ Aber dann kam sie vom Arzt zurück, liegen sollte sie. „Christian, ich habe Angst. Wenn das Baby stirbt.“ „Das wird nicht passieren, Sas …“
Christians Mutter stieg in den Zug nach Hamburg und sorgte für Essen und Ordnung. Julius kam gesund zur Welt … Die Weltbank war vom Tisch.“

Statt Umzug und eigener Karriere widmet sich Saskia der Bürgerinitiative gegen den geplanten Windpark in der Nachbarschaft und verstört mit dem Kontakt zu einem ultrakonservativen Windkraftgegner nicht nur ihren Mann sondern auch ihren Alt-68er-Vater Hans.

Dicht gewebt breitet sich ein Familienpanorama aus, das in unsere Zeit passt und ganz normale Leute in ganz alltäglichen Situationen beschreibt. Dass dies so interessant ist, liegt an der feingliedrigen Beobachtungskunst der Autorin und macht das Buch lesenswert und die Leserschaft nachdenklich.

Verlag C.H. Beck 2021 / € 22,00