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Colum McCann – Apeirogon

McCann

Rami Elhanan ist Israeli. Bassam Aramin ist Palästinenser. Rami braucht fünfzehn Minuten für die Fahrt auf die West Bank. Bassam braucht für dieselbe Strecke anderthalb Stunden. Ramis Nummernschild ist gelb, Bassams grün. Beide Männer sind Väter von Töchtern. Beide Töchter waren Zeichen erfüllter Liebe, bevor sie starben. Ramis Tochter wurde 1997 im Alter von dreizehn Jahren von einem palästinensischen Selbstmordbomber vor einem Jerusalemer Buchladen getötet. Bassams Tochter starb 2007 zehnjährig mit einer Zuckerkette in der Tasche vor ihrer Schule durch die Kugel eines israelischen Grenzpolizisten.
Ramis und Bassams Leben ist vollkommen symmetrisch und zugleich völlig asymmetrisch. Sie sind Freunde, haben sich im „parents circle“ kennengelernt und setzen sich als Mitbegründer der Bewegung „comabatants for peace“ für die Verständigung der Konfliktparteien ein. Sie verbringen viel Zeit „an möglichst vielen Orten zu möglichst vielen Menschen zu sprechen“.

Über ihre Schicksale und über mögliche Lösungsansätze für den Palästinakonflikt entfaltet „Apeirogon“ seine ganze Historie und Komplexität. Die geometrische Figur, nach der dieser Roman benannt ist, ist eine zweidimensionale, nach unendlichen Seiten aufgefächerte Figur und spiegelt so die (wahre) Geschichte von Rami und Bassam.
Colum McCann ist ein überwältigendes Buch gelungen – es lässt das Unbeschreibliche sinnlich und sinnhaft erfahrbaren. Als kaleidoskopischer Text stellt er die zeitlose Frage: Wie leben wir weiter, wenn das Liebste verloren ist? Und: Wie kann der Mensch Frieden finden? Mit sich selbst, mit anderen. Ein dynamischer Roman, der seine Leser*innen in einen Rhythmus der Emphatie bringt. Kunstvoll und grausam zugleich.

„Apeirogon“ Rowohlt-Verlag 2020 / € 25,00