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Abteil oder Großraum?

Darf man eigentlich zugeben, sehr gerne mit dem Zug zu fahren?

Während alle Welt auf die Deutsche Bahn schimpft, über Verspätungen klagt und bei jeder Reise nur das Schlimmste erwartet, bekenne ich mich zu meiner Liebe zum Zugfahren. Nun habe ich allerdings auch bisher fast immer das Glück gepachtet, trotz zahlreicher Zugwechsel (=Umsteigen) das angepeilte Ziel in der regulären (=auf den Fahrscheinen ausgedruckten) Reisezeit zu erreichen.
In meinem Freundeskreis gibt es bereits Bestrebungen, mich zu den eigenen geplanten Fahrten mitzunehmen, um sich dadurch gewissermaßen einen kleinen Strang meiner legendären Glückssträhne um den Finger wickeln zu dürfen.

Mark Spörrle, Journalist der ZEIT und anscheinend ebenfalls mit einem überdurchschnittlich guten Bahn-Karma (und dem nötigen Humor, falls dieses versagt) gesegnet, führt den Leser mit seiner „Gebrauchsanweisung“ durch die wissenswerte, liebenswerte, hassenswerte und überaus pointenreiche kleine Welt der großen Züge.

Er verrät Ihnen nicht nur, wann und wie Sie die günstigsten Tarife ergattern oder was es mit der umgekehrten Wagenreihung auf sich hat. Er gibt darüber hinaus hilfreiche Tipps zum Umgang mit notorischen Platzbesetzern, erklärt die unterschiedlichen Definitionen von „Fensterplatz“  und beschreibt das Glück der ersten Bahnfahrten in der Kindheit.
Da teilen wir übrigens eine Gemeinsamkeit: vor Reisebeginn wurde am Bahnhof noch flink die Grundversorgung mit Reiselektüre – Disneys Lustige Taschenbücher z.B. – sichergestellt, mit der man es sich auf den roten ausklappbaren Ledersitzen der Abteilwagen dann gemütlich machte und glorreichen Ferienzeiten an der Nordsee entgegen schaukelte.

Die Widrigkeiten wie zugige Bahnsteige, Verspätungen, unangenehme Mitreisende oder den nervenaufreibenden Ticketkauf am Fahrscheinautomaten werden nicht verschwiegen und ja, im November ist es kalt und der Bahnhof Niebüll nur für echte Frohnaturen zu empfehlen. Alles richtig. Aber richtig ist eben auch, dass Bahnfahren eine wunderbar kultivierte Art der Fortbewegung ist. Wenn man sich nur traut.

Mark Spörrles Buch ist eine humorvolle, informative und liebenswerte Lektüre für alle, die sich gerne auf das Abenteuer DB einlassen mögen und der Bahn – grundsätzlich – positiv und neugierig gegenüberstehen.
Man kann es übrigens auch im Zug lesen, muss aber damit rechnen, umgehend in ein Gespräch über – natürlich! – die Bahn verwickelt zu werden. Zugreisen kann eben sehr kommunikativ sein.


Mark Spörrle, Gebrauchsanweisung für die Deutsche Bahn / Piper-Verlag 2016 / € 15,00