Ruth Ziegler ist Drehbuchautorin, Mutter zweier Söhne und einer Stieftochter und seit kurzer Zeit verwitwet. Ein Leben, in dem sie noch nicht recht angekommen ist. Eines Tages erhält sie anonyme Nachrichten: darin ist von einem Liebes-Verhältnis ihres verstorbenen Mannes die Rede, die mails werden auch an Freunde und Nachbarn verschickt und sorgen dort für Irritation, zumal sie zunehmend verletzender und privater werden.

Unklar ist, wer hinter den mails stecken könnte und während die Leserschaft sich fragt, wie gut diese Ehe wohl wirklich war, schwankt Ruth zwischen dem Wunsch, die oder den Absender zu enttarnen oder der Option, das Ganze schlicht zu ignorieren.

Doris Knecht gelingt ein spannender Erzähl-Spagat und quasi wie nebenher wird man in die Abgründe der oft unkontrollierbaren social-media-Kanäle gezogen, aus deren Brackwasser nicht jede:r wieder unbeschadet auftaucht.
Dies ist ein mit moderner Schrift- und Textsprache durchdrungener Roman, der die alten Frage „wer traut wem“ neu ausleuchtet. Empfehlenswert vor allem wegen der zum Teil selbstironischen Erzählweise von Frau Knecht und der klugen Thematisierung der alten aber stets aktuellen Diskussion über die Geschlechterrolle.

Hanser-Verlag 2021 / € 22,00